Die Filmstarts-Kritik zu Ein Leben für ein Leben – Adam Resurrected (2024)

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Ein Leben für ein Leben – Adam Resurrected

Kritik der FILMSTARTS-Redaktion

2,5

durchschnittlich

Ein Leben für ein Leben – Adam Resurrected

Von Daniela Leistikow

Ein Film über einen Mann, der ein Hund war, und einen Jungen, der glaubt, dass er ein Hund ist. Diese Zusammenfassung von „Ein Leben für ein Leben“, der ersten deutsch-israelischen Co-Produktion eines Holocaust-Stoffes, macht eines völlig klar: Regie-Altmeister Paul Schrader hat einen Film geschaffen, der Wahnsinn mit Wahnsinn begegnet. Zwar ist das eine erfrischende Herangehensweise an ein schwieriges Kapitel der Geschichte und die Tragikomödie dürfte allein aufgrund der erstmaligen Zusammenarbeit von deutschen und israelischen Filmschaffenden zum Thema Holocaust viel Presse bekommen. Aber an der allzu eigenartigen Story, die auf Yoram Kaniuks in Israel anfangs heftig umstrittenem Roman „Adam Hundesohn“ beruht, werden sich die Geister dennoch scheiden.

In einer psychiatrischen Klinik für Holocaust-Überlebende in der israelischen Wüste sollen die Betroffenen lernen, mit dem Trauma ihrer KZ-Haft umzugehen und einen Weg zurück in die Normalität zu finden. Das Oberhaupt der Patienten-Gemeinschaft ist Adam Stein (Jeff Goldblum, Die Tiefseetaucher, Jurassic Park), ein eigenartiger Charakter zwischen Magier, Clown und Possenreißer, der während seiner Inhaftierung im KZ von dem Kommandanten Klein (Willem Dafoe, Spider-Man, Platoon) zum Hund abgerichtet wurde und deshalb überlebte. Seitdem sind Jahrzehnte vergangen, doch der psychisch schwer in Mitleidenschaft gezogen Adam pendelt noch immer zwischen Brillanz und Verrücktheit, bis der seltsame Fall eines Jungen, der sich für einen Hund hält, ihm die Möglichkeit gibt, sich aus diesem verstörenden Kreislauf zu befreien...

In seiner 17. Regiearbeit setzt Schrader („Ein Mann für gewisse Stunden“, Auto Focus, Drehbuch: Taxi Driver, Wie ein wilder Stier) dort an, wo typische Holocaust-Filme aufhören und gibt den Blick frei auf die Seelenlandschaft der Opfer, Jahrzehnte nach den Gräueltaten. Der Humor ist pechschwarz, ironisch und surreal, so dass das Lachen einem sehr oft im Halse stecken bleibt. Trotzdem oder gerade deswegen schafft es „Ein Leben für ein Leben“ in weiten Teilen, die Bürde der Überlebenden relativ realitätsnah und weitestgehend klischeefrei zu beleuchten. Viele eigenartige Episoden, wie etwa die Affäre zwischen Adam und Oberschwester Gina (Ayelet Zurer, München, 8 Blickwinkel), die bellen und auf allen Vieren gehen muss, um Adams sexuelle Aufmerksamkeit zu erregen, grenzen an Geschmacklosigkeit. Dazu kommen beträchtliche Längen, weil eine merklich fortlaufende Handlung nur spärlich vorhanden ist.

Der Schwerpunkt von Buchvorlage und Verfilmung liegt auf der Psyche des Protagonisten. Deswegen erfährt der Zuschauer nur etwas über Adams Vergangenheit, während die Mehrzahl der anderen Figuren ziemlich blass bleibt. Goldblums Performance ist in der ersten halben Stunde wirklich beeindruckend. Er findet sich in der schwierigen Rolle des Adam gut zurecht und füllt sie so sehr aus, dass sein Spiel anfänglich von den Schwächen des Films ablenkt. Produzent Werner Wirsing spekuliert sogar auf einen Oscar für die beste männliche Hauptrolle: „Mit Jeff Goldblum haben wir einen Hauptdarsteller, der zu der vielschichtigsten und imponierendsten Leistung seiner Karriere aufläuft. Ob er nun nominiert wird oder nicht: Für mich besteht kein Zweifel, dass er den Oscar verdient hätte.“ Ob das Beste in Goldblums Karriere allerdings gerade gut genug für einen Oscar ist? Bei so starker Konkurrenz wie Mickey Rourke, Sean Penn und Brad Pitt wird es wahrscheinlich nicht einmal für eine Nominierung reichen.

Die Nebenrollen sind mit einigen in Israel sehr bekannten Schauspielern und deutschen Darstellern wie Moritz Bleibtreu (Der Baader-Meinhof Komplex, Das Experiment) und Veronica Ferres (Die wilden Hühner, „Das Superweib“) gut besetzt. Aber da Ferres kaum mehr als zwei Sätze sagen darf und Bleibtreu erst gegen Ende des Films auftaucht, bekommt keiner von beiden genug Raum, um nachhaltig zu überzeugen. Joachim Król (Silentium, Rossini) setzt als suizidgefährdeter Patient Wolfowitz ein paar kleine Glanzlichter, aber nach der Szene, in der ihm Adam beim Schreiben seines Abschiedsbriefs hilft, hat seine Figur ziemlich abrupt kaum noch Bedeutung für das Filmgeschehen.

Insgesamt erscheinen die Bilder in „Ein Leben für ein Leben“ unnatürlich beleuchtet, was vermuten lässt, dass viel im Studio gedreht wurde. Die Rückblenden in Adams Vergangenheit wirken trotz des fahlen Agfa-Grau lebendiger, als viele der Klinikszenen, in denen Blautöne und gedecktes Weiß dominieren. Der Einsatz einer Bungee-Cam, die aus großer Höhe von oben auf die Szenerie am Boden hinabsaust, wirkt, als würde im Labor auf eine Petrischale gezoomt, in der mit Bakterien experimentiert wird. Dieser Gegensatz von sterilen Bildern in der Anstalt und lebendigeren Rückblenden und Szenen außerhalb der Klinik ist dramaturgisch und künstlerisch gut gemacht. Trotzdem haftet den Bildern etwas Unechtes an, das es dem Zuschauer erschwert, sich auf die Geschichte einzulassen.

Sehr interessant ist der Anspruch der Produzenten an ihr Werk. Werner Wirsing fasst zusammen: „Wir wollten nicht bloß einen guten Film machen, wir wollten ein Zeichen der Verständigung setzten: Ja, Deutsche und Juden wagen den Schulterschluss, künstlerisch, geschäftlich, menschlich. Und wir wollten mit dem Klischee aufräumen, dass in Filmen, die den Judenmord thematisieren, die Deutschen immer die bösen Schergen spielen und für Juden die Opferrolle festgeschrieben ist.“ Aus der Bekanntschaft zwischen dem israelischen Filmproduzenten Ehud Bleiberg und dem deutschen Wirsing von der „3 L Filmgroup“ wurden durch das gemeinsame Projekt Freunde. Ob „Ein Leben für ein Leben“ zu mehr solchen Freundschaft und der gewünschte Verständigung inspirieren wird, kann nur die Zeit zeigen.

Fazit: Trotz erheblicher Längen in der eigenartigen Story und dem kalten Flair auf der Bildebene ist Paul Schrader ein zumindest interessanter und polarisierender Film gelungen, den die gute Leistung von Jeff Goldblum enorm aufwertet. Der Rest des Casts bleibt bis auf Zurer und Król eher blass, während der schwarze Humor und die perversen Blüten, die der Wahnsinn in der Anstalt treibt, eher zu schrill sind. Der Roman gilt in Israel mittlerweile als moderner Klassiker. In dieser Hinsicht wird es der Film der Vorlage wohl nicht gleichtun können.

Interview mit Hauptdarsteller Jeff Goldblum.

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Author: Eusebia Nader

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